Fackenburger Allee stadteinwärts mit Radweg und viel Platz auf der Straße

Fackenburger Allee © MBR/ADFC Lübeck

Verkehrsversuch Fackenburger Allee

Der ADFC Lübeck unterstützt den Verkehrsversuch zur Erprobung von beidseitigen Radfahrstreifen in der Fackenburger Allee und fordert die Bürgerschaft auf, ihren ablehnenden Beschluss zurückzunehmen.

Der Straßenzug Fackenburger Allee / Krempelsdorfer Allee gehört zu den am stärksten verkehrsbelasteten Straßen Lübecks. Im Abschnitt zwischen Ziegelstraße und Schönböckener Straße verkehren z.B. auf Grundlage von Zählungen der Hansestadt Lübeck in der morgendlichen Spitzenstunde gut 3.000 Pkw mit etwa 4.000 Insassen, außerdem 27 Busse mit geschätzt etwa 1.000 Fahrgästen, und etwas mehr als 300 Radfahrende. Dies entspricht einem Radverkehrsanteil von etwa 6%.

Dieser ungewöhnlich niedrige Radverkehrsanteil dürfte auf zwei Ursachen beruhen. Einerseits scheint der Anteil der Fahrten mit Ziel und Quelle in Lübeck oder Stockelsdorf nur knapp mehr als die Hälfte des Gesamtverkehrs auf diesem Straßenzug zu betragen, und nur solche Verkehre können in großem Umfang auf ganzer Länge auf das Fahrrad verlagert werden. Andererseits verfehlen die vorhandenen Radwege die Anforderungen der einschlägigen Regelwerke beträchtlich; dies betrifft in
erster Linie die mangelhafte Wegebreite und das fast völlige Fehlen ausreichender Sicherheitsräume zu Einbauten sowie zu fahrenden und parkenden Kraftfahrzeugen.
Aufgrund dieser Problemlage und der damit verbundenen Belastungen für die Anwohner*innen hat die Hansestadt Lübeck einen Verkehrsversuch geplant, in dem für eine Dauer von zunächst 6 Monaten die beiden rechten Fahrstreifen dieses Straßenzuges zu Radverkehrsstreifen umgewandelt werden sollten. Für Linienbusse sollte die Nutzung dieser Radstreifen freigegeben werden. Im Unterschied zu den dort zurzeit vorhandenen Radwegen entspricht dieses Konzept den Vorgaben der Regelwerke; es liegen allerdings bisher keine größeren Untersuchungen zum tatsächlichen
Verkehrsablauf auf solchen Flächen und zu ihrer Akzeptanz durch Radfahrende vor. Diese Wissenslücke erschwert notwendigerweise eine sachliche Diskussion über die tatsächliche Eignung einer solchen Führungsform; das zeigte sich auch deutlich in den Statements während der Bürgerschaftssitzung. Der Verkehrsversuch in seinem ursprünglich geplanten Ablauf hätte hier wichtige Erkenntnisse liefern können.

Deshalb unterstützt der ADFC diesen Verkehrsversuch. Darüber hinaus sieht er ein sehr hohes Steigerungspotenzial für den Radverkehr zwischen Stockelsdorf und Lübeck, allein schon aufgrund der geringen Distanz von nur 4 Kilometern zwischen beiden Stadtzentren. Außerdem könnte aber auch ein relevanter Teil der längeren Pkw-Fahrten durch eine Kombination aus Fahrrad und öffentlichem Verkehr ersetzt werden, gerade angesichts der angekündigten Angebotsverbesserungen nach Hamburg und Kiel. Voraussetzung für all diese Verkehrsverlagerungen wäre aber eine sichere, angstfreie, und komfortable Radfahrmöglichkeit aus nördlicher Richtung zum Hauptbahnhof und auch ins Lübecker Stadtzentrum; das betrifft sowohl die Qualität der Wege als auch die überfällige Errichtung des Fahrradparkhauses am Bahnhof.

Die Bürgerschaftsmehrheit folgte am 25. Februar einem gemeinsamen Änderungsantrag von CDU und SPD. Kern dieses Antrags ist eine zeitliche Zweiteilung des Verkehrsversuchs: im ersten Abschnitt (Mai bis Sommer) sollen die beiden rechten Fahrstreifen ausschließlich Bussen und ggfls. Taxen vorbehalten bleiben. Im zweiten Abschnitt (Sommer bis Ende Oktober) soll der Versuch in der ursprünglich geplanten Form weitergeführt werden.

Der ADFC schätzt diese Entscheidung als kontraproduktiv ein, weil die verbleibende Zeit für eine Änderung der Fahrradnutzung und für deren Ermittlung zu kurz wäre. Damit erscheint der angestrebte Zweck des Versuchs nicht erreichbar, weil weder stabile Erkenntnisse zur Verkehrsverlagerung noch zum Verkehrsablauf auf den Radstreifen gewonnen werden können. Völlig unklar erscheint auch der Sinn von Bus- und Taxispuren im Rahmen eines Verkehrsversuchs. In Lübeck bestehen bekanntlich bereits seit vielen Jahren gemeinsame Spuren für Busse und Taxen, z.B. in der Schwartauer Allee oder in der Kronsforder Allee. Es sollte problemlos möglich sein, aus den Fahrgast- und Verspätungsstatistiken des Stadtverkehrs die Änderungen dieser Parameter nach Anlage der Busspuren für die Linien 1, 2, 7, 10, und 16 zu ermitteln.

2020 beschloss die Bürgerschaft im Maßnahmenpaket zum Klimanotstand mit großer Mehrheit eine Verdopplung des Fahrradanteils am Gesamtverkehr bis 2030. In der letzten Mobilitätserhebung im Jahr 2017 betrug dieser Anteil in Lübeck 21%; geht man von einem identischen Anteil in 2020 aus, dann hätte der Radverkehrsanteil 2021 bei 23% liegen sollen, für dieses Jahr beträgt die Vorgabe des Bürgerschaftsbeschlusses sinngemäß 25%, und für 2023 27%. Eine solche Steigerung des Radverkehrs setzt eine zügige und deutliche Verbesserung der Infrastruktur voraus. Dies ist bisher auch nicht ansatzweise erfolgt. Der Verkehrsversuch hätte für eine solche Verbesserung wichtige Erkenntnisse liefern können. Es ist zu befürchten, dass auch diese Chance wieder einmal nicht genutzt wird.

Jeder nicht motorisierte Kilometer Weg fördert nicht nur die Gesundheit und den Wohlstand der einzelnen Verkehrsteilnehmer*innen, sondern er entlastet auch die Umwelt. Wie verletzlich die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern Europa macht, erfahren wir alle zurzeit aufgrund des
Angriffs auf die Ukraine sehr schmerzlich und auch beängstigend. Deshalb ist es geboten, alle denkbaren Pfade zum sparsamen Umgang mit Energieträgern zu nutzen. Eine schnelle und konsequente Mobilitätswende ist dazu ein äußerst wirksamer Beitrag. Die Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck sollte dies in ihren Beschlüssen konsequenter berücksichtigen als bisher.

Sowohl der Radverkehr als auch der öffentliche Verkehr unterliegen saisonalen Schwankungen: die Fahrradnutzung ist im Sommerhalbjahr höher, die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel im Winterhalbjahr. Im ursprünglichen Konzept des Verkehrsversuchs wird die Option erwähnt, die
Dauer des Verkehrsversuchs bei Bedarf auf ein Jahr auszudehnen. Der ADFC sieht deshalb die Möglichkeit, den Versuch bis Ende Oktober in der ursprünglich geplanten Form durchzuführen. Anschließend könnte bei weiter bestehendem Interesse eine Testphase mit beidseitigen Busstreifen
folgen. Dieses Vorgehen könnte aussagefähige Daten zur Eignung gemeinsamer Rad- und Busspuren liefern, würde aber auch den Bürgerschaftsbeschluss berücksichtigen. Die Reihenfolge hätte den Effekt, dass beide Modalitäten zum Zeitpunkt hoher Nachfrage getestet werden, und dass dem Stadtverkehr mehr Zeit zur Planung des Designs der Busspuren und der Evaluation verbleibt. Beide Effekte würden die Aussagefähigkeit des Versuchs verbessern.

Unberührt von der Planung und Durchführung des Verkehrsversuchs besteht in jedem Fall die Notwendigkeit, zeitnah eine sichere und attraktive Radverkehrsverbindung zwischen Stockelsdorf und dem Lübecker Stadtzentrum herzustellen


https://luebeck.adfc.de/artikel/verkehrsversuch-fackenburger-allee

Häufige Fragen von Alltagsfahrer*innen

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  • Was muss ich beachten, um mein Fahrrad verkehrssicher zu machen?

    Wie ein Fahrrad verkehrstauglich auszustatten ist, legt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) fest. Vorgesehen sind darin zwei voneinander unabhängige Bremsen, die einen sicheren Halt ermöglichen. Für Aufmerksamkeit sorgen Radler*innen mit einer helltönenden Klingel, während zwei rutschfeste und festverschraubte Pedale nicht nur für den richtigen Antrieb sorgen. Je zwei nach vorn und hinten wirkende, gelbe Rückstrahler an den Pedalen stellen nämlich darüber hinaus sicher, dass Sie auch bei eintretender Dämmerung gut gesehen werden können. Ein rotes Rücklicht erhöht zusätzlich die Sichtbarkeit nach hinten und ein weißer Frontscheinwerfer trägt dazu bei, dass Radfahrende die vor sich liegende Strecke gut erkennen. Reflektoren oder wahlweise Reflektorstreifen an den Speichen sind ebenfalls vorgeschrieben. Hinzu kommen ein weißer Reflektor vorne und ein roter Großrückstrahler hinten, die laut StVZO zwingend vorgeschrieben sind.

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  • Worauf sollte ich als Radfahrer achten?

    Menschen, die Rad fahren oder zu Fuß gehen, gehören zu den ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Sie haben keine Knautschzone – deshalb ist es umso wichtiger, sich umsichtig im Straßenverkehr zu verhalten. Dazu gehört es, selbstbewusst als Radfahrender im Straßenverkehr aufzutreten, aber gleichzeitig defensiv zu agieren, stets vorausschauend zu fahren und mit Fehlern von anderen Verkehrsteilnehmern zu rechnen.Passen Sie Ihre Fahrweise der entsprechenden Situation an und verhalten Sie sich vorhersehbar, in dem Sie beispielsweise Ihr Abbiegen durch Handzeichen ankündigen. Halten Sie Abstand von Lkw, Lieferwagen und Kommunalfahrzeugen. Aus bestimmten Winkeln können Fahrer nicht erkennen, ob sich seitlich neben dem Lkw Radfahrende befinden. Das kann bei Abbiegemanövern zu schrecklichen Unfällen führen. Beachten Sie immer die für alle Verkehrsteilnehmer gültigen Regeln – und seien Sie nicht als Geisterfahrer auf Straßen und Radwegen unterwegs.

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  • Was ist der Unterschied zwischen Pedelecs und E-Bikes?

    Das Angebot an Elektrofahrrädern teilt sich in unterschiedliche Kategorien auf: Es gibt Pedelecs, schnelle Pedelecs und E-Bikes. Pedelecs sind Fahrräder, die durch einen Elektromotor bis 25 km/h unterstützt werden, wenn der Fahrer in die Pedale tritt. Bei Geschwindigkeiten über 25 km/h regelt der Motor runter. Das schnelle Pedelec unterstützt Fahrende beim Treten bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h. Damit gilt das S-Pedelec als Kleinkraftrad und für die Benutzung sind ein Versicherungskennzeichen, eine Betriebserlaubnis und eine Fahrerlaubnis der Klasse AM sowie das Tragen eines Helms vorgeschrieben. Ein E-Bike hingegen ist ein Elektro-Mofa, das Radfahrende bis 25 km/h unterstützt, auch wenn diese nicht in die Pedale treten. Für E-Bikes gibt es keine Helmpflicht, aber Versicherungskennzeichen, Betriebserlaubnis und mindestens ein Mofa-Führerschein sind notwendig. E-Bikes spielen am Markt keine große Rolle. Dennoch wird der Begriff E-Bike oft benutzt, obwohl eigentlich Pedelecs gemeint sind – rein rechtlich gibt es große Unterschiede zwischen Pedelecs und E-Bikes.

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  • Gibt es vom ADFC empfohlene Radtouren für meine Reiseplanung?

    Wir können die Frage eindeutig bejahen, wobei wir Ihnen die Auswahl dennoch nicht leicht machen: Der ADFC-Radurlaubsplaner „Deutschland per Rad entdecken“ stellt Ihnen mehr als 165 ausgewählte Radrouten in Deutschland vor. Zusätzlich vergibt der ADFC Sterne für Radrouten. Ähnlich wie bei Hotels sind bis zu fünf Sterne für eine ausgezeichnete Qualität möglich. Durch die Sterne erkennen Sie auf einen Blick mit welcher Güte Sie bei den ADFC-Qualitätsradrouten rechnen können.

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