Radverkehrsförderung in SH - ADFC widerspricht Einschätzung von Minister Madsen
Am Freitag wurde der Fortschrittsbericht zur Umsetzung der Landesradstrategie vorgestellt. Der Fahrradclub ADFC widerspricht dem positiven Fazit von Verkehrsminister Madsen.
Kiel, 04.12.2024 – Am Freitag wurde der Fortschrittsbericht zur Umsetzung der Landesradstrategie vorgestellt. Minister Madsen bezeichnete die bisherige Umsetzung als „großartig“. Der Fahrradclub ADFC kann dieses Fazit angesichts eines sinkenden Radverkehrsanteil, einer weiterhin steigender Zahl an Verkehrstoten und Schwerverletzten sowie einem erheblichen Nachholbedarf bei Neubau und Sanierung von Radwegen nicht nachvollziehen.
Dazu führt Stephanie Meyer, Landesvorsitzende des ADFC Schleswig-Holstein, aus:
„Die Landesregierung hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, dass das Fahrrad bis Ende des Jahrzehnts 30 Prozent der Fahrten ausmacht. Nachdem der Radverkehrsanteil im vergangenen Jahr erneut auf 14 Prozent gesunken ist, ist Schleswig-Holstein auf dem gleichen Stand wie 2017, man ist also wieder beim Ausgangspunkt angekommen. Das ist weder ein Erfolg noch ein Anzeichen dafür, dass wir auf einem guten Weg sind! Denn weiterhin sind viele Radwege in einem sehr schlechten Zustand, voller Wurzelaufbrüche, Unebenheiten – oder fehlen vollständig, sodass man sich die Straße mit Autos und Schwerlastverkehr teilen muss.“
Zwar habe die Landesregierung so viel Geld wie noch nie für Radwege im Haushalt eingestellt, doch auf der Straße und damit bei den Radfahrenden komme davon einfach zu wenig an. Dazu erklärt Meyer: „Wer sich im Winter auf das Rad traut, hat es nicht nur mit schlechtem Wetter, sondern auch von Laub, Eis und Schnee auf ungeräumten Radwegen zu tun. Nicht geräumte Wege in Kombination mit Wurzelaufbrüchen und schadhaften Radwegen führen zu mehr verletzten Radfahrenden, das hat auch die kürzlich veröffentlichte Studie des Verbands der Unfallversicherer (UDV) gezeigt. Davon betroffen sind jedoch nur Straßen, die überhaupt eine Radinfrastruktur haben.
Wer will da sein Kind freiwillig aufs Rad setzen? Aber wenn wir Eltern und Kinder nicht fürs Radfahren begeistern, dann werden die Kinder von heute nicht die Radfahrenden von morgen, die wir zur Umsetzung der Radstrategie brauchen!“
Diese Entwicklungen würden sich aber nicht im Handeln von Ministerium und Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr (LBV.SH) des Landes niederschlagen, so Meyer. Sie fordert deshalb ein konsequentes Umsteuern in der Radverkehrsförderung:
- Verstetigung der Haushaltsmittel für das Fahrrad auf einem Niveau von mindestens 20 Millionen Euro pro Jahr fürs Radinfrastruktur des Landes (insgesamt 10 Euro pro Bürger*in pro Jahr vom Land).
- Priorität im LBV.SH fürs Rad in allen Geschäftsbereichen, bei knappem Personal müssen die Prioritäten aufs Rad gelegt werden. Gegebenenfalls muss dafür Personal aus anderen Abteilungen abgezogen werden. Beispielsweise von Arbeiten an nicht zukunftsträchtigen Umgehungsstraßen.
- Verkehrssicherheitsarbeit auf Verursacher*innen von schweren Unfällen und auf sichere Radinfrastruktur fokussieren. Die kommunikative Arbeit der Verkehrssicherheit muss entsprechend neue Zielgruppen auf ihr Gefährdungspotential aufmerksam machen und die aktuelle Rechtslage verständlich vermitteln. Zugleich muss Radinfrastruktur komfortabel und sicher, d.h. fehlerverzeihend, umgebaut werden. Das betrifft insbesondere Kreuzungen und Querungen. Das Land muss dazu bei eigenen Bauvorhaben mit gutem Beispiel voran gehen und mit baulichen Vorgaben auf die Kreise und Kommunen einwirken.
- Schleswig-Holstein braucht einen ordentlichen schulischen Ausbildungsstandort zur Zweiradmechatroniker*in und Zweiradmonteur*in. Denn was bringen die besten Radwege, wenn die Fahrräder nicht repariert werden. Deshalb braucht es jetzt einen eigenen schulischen Ausbildungsort im Land. Husum bringt die Voraussetzungen mit und bildet bereits im begrenzten Rahmen aus.
- Eine eigene Fahrrad-Professur im Land. Das Fachpersonal zum Bau der Radinfrastruktur der Zukunft wird an Schleswig-Holsteinischen Hochschulen ausgebildet. Deshalb braucht es thematische Lehreinheiten rund ums Rad während des Studiums, u.a. mit einer eigenen Fahrrad-Professur.