Moltkestraße stadteinwärts

Moltkestraße stadteinwärts © Der Bischof mit der E-Gitarre, Wikipedia

Moltkestraße: Stellungnahme des ADFC zur Bauplanung

Die Moltkestraße gehört zu den am stärksten frequentierten Radverkehrsstrecken Lübecks. Die Hansestadt Lübeck hat kürzlich eine Änderungsplanung präsentiert, zu welcher der ADFC Lübeck nachfolgend Stellung bezieht.

Zurzeit werden Fußgänger und Radfahrer in der Moltkestraße auf getrennten Wegen zwischen den Straßenbäumen und den Grundstücken geführt. Auf beiden Seiten werden zwischen den Bäumen Kfz quer geparkt; die Fahrbahn weist Regelmaße auf. Auf der Südseite (also stadtauswärts) entspricht der Gehweg eben den geltenden Regelwerken, der Radweg ist deutlich unterdimensioniert und kann aufgrund des Baumbestandes auch nicht erweitert werden. Auf der Nordseite sind Geh- und Radweg jeweils knapp unterdimensioniert, der Abstand zwischen Bäumen und Grundstücken ist aber etwas größer, so dass zumindest annähernd normgerechte Flächen für Fußgänger und Radfahrer ohne Eingriffe in den Baumbestand möglich wären.
Die Planung der Stadt sieht vor, auf beiden Seiten die vorhandenen Radwege aufzuheben und die freiwerdenden Flächen teilweise den Gehwegen, teilweise einem Grünstreifen zwischen den Bäumen zuzuordnen. Jenseits dieses Grünstreifens soll beidseitig ein Längsparkstreifen von 2 Meter Breite entstehen, gefolgt von einem Sicherheitstrennstreifen von 75 cm Breite. An diesen Trennstreifen sollen sich beidseitig 2 Meter breite Radfahrstreifen anschließen, die von der regelbreiten Kfz- Fahrbahn lediglich durch eine Linie getrennt sind.
Der ADFC sieht diese Planung kritisch, auch wenn sie großenteils den Regelwerken entspricht. Zu beanstanden ist allerdings die Breite der geplanten Kfz-Parkstreifen von nur 2 Metern. Erfahrungsgemäß (z.B. Ziegelstraße, Posener Straße) führen so schmale Parkstreifen dazu, dass die Sicherheitstrennstreifen als Kfz-Parkfläche genutzt werden und damit ihre Schutzwirkung für den Radverkehr verlieren. Darüber hinaus belegen große Akzeptanzstudien aus den letzten Jahren, dass auch routinierte Radfahrende mit großer Mehrheit eine bauliche Trennung zwischen Radweg und Kfz-Verkehr wünschen, und dass vor allem das Radfahren zwischen parkenden und fahrenden Kfz als unangenehm und beängstigend wahrgenommen wird. Noch mehr gilt dies für Menschen, die nicht regelmäßig Rad fahren, oder z.B. für Jugendliche nach Vollendung des 10. Lebensjahrs.
Lübecks Gesamtbenotung im Fahrradklimatest des ADFC hat sich in den letzten Jahren drastisch verschlechtert; ausschlaggebend dafür dürfte die Sperrung der (sehr schlechten) Radwege in der Wesloer Straße, der Roeckstraße, und der Fregattenstraße gewesen sein. Nach einer Mitteilung des verkehrspolitischen Sprechers der SPD-Bürgerschaftsfraktion hat sich der Anteil des Radverkehrs in Lübeck an allen Wegen seit 2017 von 21% auf 19% verringert; dies entspricht einer Abnahme um rund 10%. Eine Abnahme in diesem Umfang würde sehr gut mit der Verschlechterung der Klimatestnote korrelieren. Es steht deshalb zu befürchten, dass der Ersatz von Radwegen durch eine ungeschützte Fahrbahnführung in der Moltkestraße diesen desaströsen Trend weiter vorantreiben würde. Angesichts der bekannten Gesundheitsschäden durch unzureichende Fahrradnutzung, der unverändert weiter bestehenden Umwelt- und Klimakrise, und der aufgrund von Putins Krieg dringend notwendigen Reduzierung des Energieverbrauchs kann eine solche Entwicklung nicht hingenommen werden.
Anlässlich einer gemeinsamen Begehung von ADFC und einer Vertreterin der Baubehörde wurde für die Moltkestraße ein abweichendes Konzept diskutiert. Danach sollten die Flächen für Radfahrer und Fußgänger in Richtung stadteinwärts am bestehenden Ort als Geh- und Radweg optimiert werden.
Stadtauswärts wurde ein Schutzstreifen anstelle des geplanten Radstreifens diskutiert; gleichzeitig wäre der vorhandene Gehweg auf 3 Meter Breite aufzuweiten und für den langsam fahrenden Radverkehr freizugeben. Auf beiden Seiten könnten auch nach diesem Konzept Kfz in Längsrichtung geparkt werden, jeweils mit regelkonformen Trennstreifen zum Radverkehr. Stadteinwärts würde damit das vorhandene Angebot bei unverändertem Grundkonzept verbessert, stadtauswärts wäre der Schutzstreifen ein akzeptables Angebot für routinierte Radfahrende, die Gehwegnutzung würde langsamen und unsicheren Radfahrenden eine sichere und angstfreie Fahrt ermöglichen.
Der ADFC appelliert an die Entscheidungsträger, die Planung für die Moltkestraße in diesem Sinne zu modifizieren. Für den weiteren Verlauf von der Moltkebrücke bis zum Kaufhof plädiert der ADFC für regelkonforme, geschützte Führungen des Radverkehrs, je nach örtlicher Situation als geschützter Radstreifen oder als konventioneller Radweg in Regelmaßen. Für Rückfragen steht der ADFC gern zur Verfügung.

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